Geige spielen

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Eigentlich der denkbar schlechteste Zeitpunkt um über dieses Thema zu schreiben, da die Motivation gerade in einem tiefen Loch sitzt und wartet, dass die Migräne endlich vorüber zieht. Dennoch habe ich gerade Lust darüber zu schreiben und möchte meine jüngste Erfahrung mit dir teilen.

Als man noch Träume hatte

Hui… das klingt theatralischer als es ist. Aber Geige spielen wollte ich schon als kleines Mädchen. Die Töne einer Violine berührten mein Herz und nahmen es gefangen. Doch leider war es, für mich, damals nicht möglich, Geige zu lernen. Geige ist ein teures Hobby und obwohl mir mein Chorleiter angeboten hatte, dass ich seine Geige zum lernen nutzen könnte und er es mir beibringt, haben es meine Eltern mir nicht erlaubt. Damals habe ich es überhaupt nicht verstanden, aber vermutlich waren meine Eltern weitsichtiger, denn selbst unter diesen Umständen, hätte es irgendwann viel Geld gekostet und das war halt einfach nicht drin. Schade dennoch.

Ein Funke im Herzen

Dennoch blieb der Wunsch, dieses Instrument zu erlernen, immer in meinem Herzen. Immer wenn ich eine Geige hörte, schlug mein Herz ein bisschen schneller und mir wurde wohlig warm. Oh… das klingt SO kitschig. ? Aber so war es. Nein, es ist sogar immer noch so. Und ja… an Silvester habe ich mir IMMER das Neujahrskonzert von André Rieu angesehen.

Keine Geld, keine Zeit

Nun begab es sich, dass der Prinz mir vor zehn Jahren eine Geige schenkte und damit den ersten Stein in diesen Weg setzte. Einen Weg, der in den letzten zehn Jahren sehr ins Hintertreffen geraten war. Denn für Geigenunterricht fehlte mir am Anfang das Geld, später einfach die Zeit und dann schlichtweg der Mut in meinem Alter noch anzufangen. Ich habe innerlich einen Stern aufgegeben, der langsam verglühte.

Jemand entzündete ein Licht

In unserer örtlichen Facebook-Gruppe hat eine ältere Dame gefragt, was die anderen meinen, ob man in ihrem Alter (sie war um die 60 glaube ich) noch Geige lernen könnte. Und wider Erwarten waren die Reaktionen der Gruppe, die sonst so viel am Meckern ist, durchweg positiv und zuversichtlich. Der verglühende Funken in mir begann wieder zu glimmen. Ich bekam das Gefühl, dass ich es auch schaffen könnte.

Doch der Mut fehlte und in gewisser Weise auch das Geld. Wie ich im Jahresrückblick erwähnte, hatten der Prinz und ich finanzielle Schwierigkeiten. Es ist zwar jetzt alles geregelt, aber das heißt noch lange nicht, dass wir das Geld mit vollen Händen ausgeben können. Also schloss ich für mich mit diesem Thema ab und wünschte der Dame, alles gut und viel Erfolg beim Erfüllen ihres Traumes und dass ich mich für sie freue, weil sie eine Geigenlehrerin gefunden hatte.

Ich hatte diesen Beitrag schon fast wieder vergessen, als nach ein oder zwei Wochen jemand meinen Kommentar ebenfalls kommentierte mit dem Hinweis, dass weiter unten in dem Beitrag eine Musikerin einen Geigen-Workshop anbietet und ich es mir anschauen solle, denn es könnte ja eine Möglichkeit für mich sein.

Ja, nein, doch oder vielleicht doch besser nicht?

Und dann ging das Gedankenkarussell los. Dieser ewige Zwist zwischen so viel wie möglich zurück legen und sich auch mal einen Traum erfüllen. Natürlich habe ich viel mit dem Prinzen darüber geredet, aber es ist schwierig mit jemanden über sowas zu reden, der in der ganzen Problematik direkt mit drin hängt und nach Möglichkeit immer versuchen würde, meine Träume zu unterstützen. Ich wollte es aber auch nicht zu vielen Leuten erzählen, weil ich irgendwie Angst hatte, es wäre nur ein Traum oder ich würde irgendwie über den Tisch gezogen. Seltsame Gedanken, ich weiß, aber… ja, nun mal da.

Doch irgendwann ging es nicht mehr, ich habe mich an Paleica gewandt und ihr all meine Sorgen berichtet. An dieser Stelle nochmal vielen lieben Dank für’s Plappern lassen und Zuhören. ? Am Ende habe ich mich für den Workshop entschieden und mit der Lehrerin kommuniziert, dass ich gerne mitmachen würde, aber ich kann nicht mehr ausgeben, als einmal im Monat diesen Workshop. Sie hat mich davon überzeugt, dass wir das alles hinkriegen werden, selbst wenn wir alle drei Wochen einen Workshop machen und ich gab mir einen Ruck und habe mich angemeldet.

Ein Besuch beim Geigenbauer

Natürlich war der erste Workshop etwas teurer, denn ich brauchte noch etwas Equipment, was bei der Geige leider nicht ganz so Standardmäßig dabei war. Auf Empfehlung meiner Geigenlehrerin gingen der Prinz und ich dann zu ihrem Geigenbauer. Obwohl meine Geige kein Spitzenmodell war, sagte er kein schlechtes Wort über sie. Er meinte sogar, dass es für den Anfang ein recht ordentliches Modell sei. Irgendwie schon beruhigend, wenn man sowas hört.

Und alles nimmt seinen Lauf

Komplett ausgerüstet ging ich dann also zu meinem ersten Workshop. Wir waren zwei Schülerinnen und unsere Lehrerin. Im ersten Workshop, welcher übrigens drei Stunden ging, lernten wir viel, sehr viel Theorie und schon mal die ersten Grundlagen. Jetzt hieß es fleißig üben und dran bleiben. Zu Anfang viel Leersaiten streichen, Haltung verbessern und noch mehr Leersaiten streichen.

Nach einer gewissen Zeit wollte ich mich dennoch selbst etwas fordern und begann mir Alle meine Entchen beizubringen. Eine Anleitung auf YouTube half mir dabei weiter. Lustig, dass im nächsten Workshop genau dieses Lied als erste Fingerübung kam. Ich merkte schnell, was ich alles falsch gemacht habe und übte fleißig daran weiter. Genauso wie Bruder Jakob und ja… ich versuche mich auch an Misty Mountains. Allerdings wird das noch eine ganze Weile brauchen.

Ich lerne stetig Neues, selbst wenn ich nicht spiele

Wie bereits gesagt, habe ich in den letzten sechs Wochen kaum üben können. Denn Geige und Migräne verträgt sich leider gar nicht gut. Zeitweise hatte ich sogar schon Angst, dass ich jetzt nie wieder spielen werde, weil ich raus bin und nicht mehr in den Drive zurück finden könnte. Aber dafür macht es mir eigentlich viel zu viel Spaß. Ich habe aber zwischendrin schon gemerkt, dass ich plötzlich den Bogen viel entspannter halte, als zuvor. Da waren es bereits drei Wochen Pause. Das ist eine große und irgendwie auch aufregende Veränderung.

Meine Lehrerin sagt auch immer, dass ich mir viele YouTube-Videos anschauen soll und sie hat Recht. Man lernt so viel dabei, vor allem aber, dass es verschiedene Haltungen gibt, dass nicht jeder gleich spielt und es ein Prozess ist seinen Stil zu finden. Dennoch ist es natürlich wichtig, die Grundlagen richtig zu beherrschen. Dazu gehört auch Noten lesen zu können und das will jetzt erst einmal antrainiert sein. Und dann das ganze noch mit den Positionen auf der Geige zu verbinden, stellte ich mir tatsächlich am Anfang viel schwerer vor, als es eigentlich ist. Es ist alles sogar sehr logisch.

Jetzt müssen nur noch die Finger trainiert werden und das Gehirn

Bis das alles in Fleisch und Blut übergeht, ist es wirklich sehr anstrengend gleichzeitig zu greifen, Saiten zu wechseln und in der richtigen Haltung zu streichen. So viele Dinge an die man gleichzeitig denken muss, da kommt es schon mal vor, dass man enthusiastisch vergisst den Finger umzusetzen und den gleichen Ton noch einmal spielt. Alle meine Entchen, Bruder Jakob und so viele andere Kinderlieder, können so schnell zu einem Endgegner werden. Aber dennoch ist man stolz auf jeden Fortschritt den man macht.

Ein langer Prozess

Es wird sehr lange dauern, bis ich Geige spielen kann, vor allem unter diesen Voraussetzungen, dass ich in der Migränezeit auch mal für knapp zwei Monate ausfalle. Aber ich bleibe dran, dafür hängt mein Herz zu sehr daran. Es fehlt mir an jedem Tag, an dem ich nicht üben kann. Dafür bilde ich mich dann eben in der Theorie weiter und hoffe, dass ich diese dann auch direkt umsetzen oder zumindest schneller erlernen kann.

Schrödingers Geige

Am Anfang hatte ich nicht nur Angst davor, vor anderen Menschen zu versagen, sondern auch davor, dass mein Kindheitstraum stirbt, weil ich feststelle, dass es mir gar nicht gefällt. Ich wollte diesen Traum beschützen, weil er mir so wichtig war. Kann man das verstehen oder ist das nur in meinem Kopf logisch? Ich hatte einfach Angst davor, dass dieser Traum stirbt und ich mich von ihm lösen muss. Doch ich öffnete Schrödingers Box und die Katze (Geige) war am Leben.

Apropos Katze: Am Anfang wollte ich nicht, dass der Kater dabei ist, damit ich ihn nicht störe mit dem Gejaule der Leersaiten. Doch er kam freiwillig immer angerannt und maunzte sogar mit. Er möchte immer dabei sein, egal wie schlecht ich spiele. Und wehe die Tür ist zu, dann kucken zwei kullerrunde Augen durch die Scheibe in der Wohnzimmertür. ?

Bildquelle: Clem Onojeghuo
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