It’s time to take a chance and give you up

Gedankenwelt

Ich habe eine Einladung zu einem Klassentreffen bekommen und weiß nicht mal ob ich die Menschen aus dieser Klasse treffen möchte. In letzter Zeit häuft sich das Thema Mobbing um mich herum: Tweets, Blogbeiträge, YouTube-Videos, alles wird irgendwie in meinen Aufmerksamkeitsradius gespült. Ich suche nicht danach, es taucht einfach auf. Und jetzt frage ich mich, ob das ein Wink mit dem Zaunpfahl ist.

An meinen Mobber, meine Mobberin von damals,

ich werde mich nicht, wie es viele andere tun, bei dir bedanken und behaupten du hättest mich stärker gemacht oder zu der Person die ich heute bin. Auch wenn es vielleicht stimmen mag. Aber das was du mir angetan hast, in all den Jahren, ist keinen Dank wert.

Dich gab es so ziemlich in jeder Schule in der ich war: Grundschule, Hauptschule, Wirtschaftsschule, ja sogar in der Fachoberschule hast du mich fertig gemacht. Jedes Mal mit einem anderen Gesicht, manchmal sogar als vermeindlicher Freund oder als Vertrauensperson. Ja, auch Lehrer können zu Mobbern werden, auch wenn einem das nie jemand glaubt.

Die einzige Klassengemeinschaft in der ich dieses Problem nie hatte, war meine Berufsschulklasse. Doch dort kam ich schon so entwurzelt von mir selbst an, dass ich zu Anfang jedem misstraute. Sie haben mein Vertrauen in die Menschen zum Teil wieder her gestellt und das obwohl ich nicht die schönste, schlankeste oder beste war.

In der Grundschule nannte man das vielleicht noch hänseln. Doch dieses Wort ändert nichts an dem, was es mit einem Kind oder einem Menschen anstellt. Du hast systematisch meinen Selbstwert zerstört und auch wenn man mir immer wieder sagte, dass ich da drüber stehen soll, wusste ich nicht wie. Es hat mich bis in die Grundmauern, bis ins Fundament erschüttert und verändert.

Durch dich habe ich gelernt ein Chamäleon zu werden und zu vergessen wer ich wirklich bin, weil ich mich immer an mein Umfeld angepasst habe, sodass ich im schlimmsten Fall einfach nicht auffalle, doch du hast mich immer wieder gefunden. Du hast mein ICH von damals zerstört, in Trümmer geschlagen und bist darauf herum getrampelt.

Wie oft habe ich mir gewünscht, nicht mehr in meinem Körper zu stecken? Tausende Male. Immer gefangen in dem Hass auf mich selbst, warum ich nicht dazu passte und kein Teil von Euch sein konnte. Jedesmal wenn du mir die Hand reichtest und mir das Gefühl gabst, dass ich nun Teil von etwas sein könnte, Freunde finden könnte, hast du mich in den Abgrund gestoßen. Wie Scar es bei Mufasa tat, nur dass ich verwundet überlebte und nie wieder Anschluss fand, während du dich dafür hast feiern lassen. Verstoßen.

Ich habe mir über die Jahre einen Panzer angefressen, im wahrsten Sinne des Wortes und jetzt kämpfe ich damit, diesen wieder loszuwerden und mein Selbst zu finden, jenes, dass ich irgendwann verloren habe. Die Wut auf mich, dass ich es wegen dir habe soweit kommen lassen, tost in mir wie ein Fegefeuer. Und vermutlich erinnerst du dich heute überhaupt nicht mehr daran, was du mir angetan hast. ICH erinnere mich jedoch an jedes Wort, an jede Gemeinheit, die aus deinem Mund kam. An ALLES!

Warum ich dir das erzähle?

Weil ich schockiert darüber bin, dass sich heutzutage Kinder das Leben nehmen, weil sie gemobbt wurden.

Du hast mittlerweile ziemlich sicher ein Kind. Von einigen weiß ich es, bei anderen nicht, aber ich vermute es. Du warst sicher auch schockiert, als du das gelesen hast und musstest an dein eigenes Kind denken. Ich wünsche mir von Herzen, dass dein Kind niemals von einem anderen Kind/Erwachsenen so behandelt wird, wie ich von dir. Und dass du, als Elternteil, niemals das Leid eines drangsalierten Kindes erleben musst.

Die Einladung zum Klassentreffen, obwohl sie nicht von dir kam, liegt unbeantwortet in meinem Postfach. Denn wegen dir werde ich nicht hingehen, nicht zu diesem und auch keinem der anderen wo du mein Klassenkamerad warst. Und wenn du dich wunderst warum ich nicht auftauche, dann hoffe ich, dass du dich an alles erinnerst was damals passiert ist, deine Einstellung änderst und dein Kind dazu erziehst, für andere, denen es so ergeht wie es mir erging, einzustehen.


Bildquelle: Lisa Fotios
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12 thoughts on “It’s time to take a chance and give you up”

  1. es ist so schrecklich, dass es diese art von menschen gibt, immer und überall und dass sie so unendlich schwer zu stoppen sind. es tut mir auch so unendlich leid, dass du das erleben musstest, so oft und immer wieder. ich weiß auch gar nicht, was ich da sonst dazu sagen soll, außer, dass ich dich aus der ferne in den arm nehme und hoffe, dass du sowas nie wieder erleben musst…

    1. Ach du musst da gar nichts großartig dazu sagen. Es war nur etwas das mir durch den Kopf ging und raus musste. In der Hoffnung, dass es Menschen erreicht, die es betrifft und hilft dabei sich zu einem besseren Menschen zu entwickeln.
      Aber es ist sehr lieb von dir, dass du so viel Mitgefühl zeigst. Dankeschön! ❤

  2. Ich kann das alles so gut nachvollziehen *drück*
    Auch ich wurde von der Grundschule an gehänselt, auch wegen meines Gewichts. Von Klassenkameraden, aber auch von Schüler*innen aus anderen Klassen oder Stufen. Ein paar habe ich noch ganz bewusst im Kopf, andere verschwimmen eher zu einer Masse aus vielen Gesichtern. Aber irgendjemanden gab es immer, der einen blöden Spruch abgelassen hat.

    Ich glaube, im Vergleich zu dem, was anderen passiert, war es eher harmlos (ich wurde z.B. nie körperlich angegriffen, soweit ich mich erinnern kann), aber das ändert nichts daran, was es aus und mit mir gemacht hat. Es ändert nichts daran, dass ich bis heute die Straßenseite wechsle, wenn mir eine Gruppe Jugendlicher, die vermutlich nur halb so alt sind wie ich, entgegen kommt. Das sind Muster, die nur sehr schwer – wenn überhaupt – zu durchbrechen sind.

    Vorletztes Jahr hat meine Grundschulklasse ein Klassentreffen veranstaltet und ich habe nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, ob ich hingehen werde/sollte. Den meisten habe ich gar keine negativen Gefühle (mehr) gegenüber, aber wiedersehen muss ich sie trotzdem nicht. Gleiches gilt auch für die Leute, mit denen ich auf’s Gymnasium gegangen bin. (Davon mal ab, dass ich da vermutlich niemals eine Einladung kriegen würde, da ich vor dem Abitur abgegangen bin und daher gar nicht auf irgendwelchen Listen auftauche.)

    Ich finde deine Entscheidung richtig. Und du hast jedes recht, dich fern zu halten.

    Leider glaube ich, dass die wenigsten bewusst ist, was sie damals getan haben. War doch nur Spaß, hat doch jeder gemacht, so schlimm war’s doch gar nicht. Dennoch hoffe ich, dass viele von ihnen zur Vernunft gekommen sind und jetzt verantwortungsvolle Erwachsene sind, die ihren Kindern vorleben, wie es richtig geht.

    Fühl dich umarmt ♥

    1. Ich drück dich auch. Es tut mir Leid, dass du auch durch so viel Scheiß durch musstest. Im Vergleich zu dem was anderen teilweise passiert, bin ich auch „recht gut“ davon gekommen. Es gab nur einmal einen … ich nenne es jetzt mal tätlichen Angriff. Aber sobald es körperlich wird, ist es belegbar und das war vielleicht auch unser Glück. Was nicht, in keinster Weise heißt, dass die psychische Gewalt, die an uns verübt wurde, besser wäre. Manchmal kann diese sogar schlimmer sein. ?

      Auch ich habe Muster, die ich heute noch nicht durchbrechen kann, aber ich arbeite daran. Ich will mich nicht von der Vergangenheit und meinen Peinigern bezwingen lassen. Langsam erwacht wieder das Kämpferherz in mir. ??

      Danke auch für dein Verständnis. Ich hatte schon die Befürchtung, dass hauptsächlich so Kommentare wie „stell dich dem Ganzen“ kommen würden. Wobei ich euch ja eigentlich kenne, ich weiß, dass ihr nicht so denkt. Aber ich bin froh es auch zu hören, dass ich mit dieser Entscheidung nicht alleine stehe und meine Gedankengänge nachvollzogen werden können.

      Ich habe mal eine meiner Peinigerinnen darauf angesprochen, dass ich es nicht lustig finde wenn sie über mich lachen. Darauf sagte sie „aber das ist doch nur Spaß“ und ich entgegnete ihr, dass es für mich aber keiner sei. Sie haben zwar nicht mehr wegen dem expliziten Thema über mich gelacht, dafür aber über andere und mich immer mehr ausgeschlossen. Es wurde also tatsächlich schlimmer, dass ich es angesprochen habe. Und irgendwann sprichst du nicht mehr darüber, sondern hältst es aus. Zumindest nach außen hin. ?

      Fühl du dich auch umarmt Liebes. Wir schaffen es, dieses Kapitel in unserem Leben zu beenden. Da bin ich mir sicher!

      1. Ich glaube, reden bringt da auch nicht viel. Vor allem auch in dem Alter. Privilegierte Kinder und Jugendliche sehen doch gar nicht, was sie tun. Vor allem, wenn dann noch Gruppen(zwang) dazu kommt. Da kommt man alleine nicht gegen an.

        Ich freue mich sehr für dich, dass du das für dich aufarbeitest und damit abschließt.
        Ich glaube, ich habe das meiste einfach weg geschoben – darin bin ich super 😉 Aber das ist jetzt auch so lange her, dass ich mich damit gar nicht mehr auseinander setzen will.

        1. Ja das war völlig unnütz und aufgrund dieser Erfahrung, habe ich natürlich auch nie wieder probiert eine solche Situation zu deeskalieren. ?

          Ich war auch immer gut im weg schieben, bis ich gemerkt habe, dass es nicht mehr geht. Der Gedankenraum war einfach übervoll und jetzt miste ich ihn einfach aus. Abschließen um zu heilen. Anstrengend, aber es tut mir unglaublich gut. ?

          ?

  3. Ich würd auch nicht gehen. Hatte vor ein paar Jahren auch eine Anfrage bekommen. Weiß jetzt nicht mehr von welcher Klasse es war. Grundschule oder von der ersten Klasse in der Realschule (hab später die Klasse gewechselt … daher zwei Klassen 😉 ) Hab´s ignoriert,weil ich keine Lust hatte mir das zu geben. Ich meine klar,heute wäre es warscheinlich anders,aber ich würd mich genauso klein,schäbig und blöde fühlen wie damals.
    Bin seit dem Kindergarten auf der „Mobbingliste“ gewesen. Im Kindergarten fing es wegen meines Rückens an .. ich hatte ein Hohlkreuz (was sich heute verwachsen hat) da hatten mich einige auf dem „Kieker“ Grundschule ging es nahtlos weiter und dann weiter in der Realschule. Hatte zunächst noch Normalgewicht .. das ich zunahm und dick wurde,fing so mit 10 Jahren etwa an.
    Ab der Realschulzeit nahm das richtig Formen an. Ich wurd verprügelt,mir wurden Haare ausgerissen, Zeug aus dem Busfenster geschmissen etc Von dem verbalen Wahnsinn fang ich erst gar nicht an. Meine Leistungen sackten ab,ich fing an zu schwänzen,so das meine Versetzung in der 8ten gefährdet war. Wechselte dann die Klasse freiwillig im Halbjahr,dann war zumindest da Ruhe. In der Klasse kam ich wunderbar zurecht 🙂 Nur die Idioten waren trotzdem weiter auf der Schule. Unternommen wurd nie war bzw. die Lehrer machten zum Teil mit. Hätte da gleich schon die Schule wechseln sollen rückblickend.
    Bis das wir Leistungskurse wählen mussten. In meinem Schwerpunkt Englisch ging´s Mobbing dann wieder los,von zwei ganz ekligen Mädels. Was die an mir gefressen hatten,weiß ich auch nicht,denn gekannt hab ich sie nicht.
    In der 9ten ging ich dann von der Schule und landete endlich bei einer Schule wo´s halt das erste Mal anders war.

    Damals hat kein Hahn danach gekräht ob ich gemobbt wurd oder nicht. Unternehmen konnt man nix,hatte zwar zu Hause was erzählt,meine Adoptiveltern hatten auch mit den Lehrern gesprochen,aber geholfen hat´s null.
    Ich hab Jahre noch Panikattacken bekommen,sobald ich Jugendliche gesehen habe. Gerad wenn sie in Gruppen standen (wie man das halt als Teen so macht ^^)
    Ein anständiges Selbstbild und Selbstbewußtsein,Fehlanzeige. Zumal ich von zu Hause auch noch vermittelt bekam „du bist nicht gut genug so wie du bist,du hast anders zu sein“ „du bist krank“ Das spielte noch mit rein.
    Nachwehen merk ich heute noch,aber einiges hab ich zu den Akten legen können.

    Ich bin allerdings froh das ich damals zur Schule gegangen bin und nicht heute. Wenn sich heute das Ganze abspielen würde,würde das noch -dank Internet- ganz andere Kreise ziehen.
    Damals hattest kein Handy,kein Internet … sprich du hast die Idioten dank Facebook,SchülerVZ und wie diese Dinger nicht alle heißen,nicht mit nach Hause genommen. Sondern dann war für ein paar Stunden Ruhe.
    Heute hättest ja den ganzen Blödsinn 24h vor der Nase.

    Dank Namensänderung (Vor und Nachname) kann ich eh nicht so einfach gefunden werden. Also das ich noch mal eine Einladung zu irgendeinem Klassentreffen bekomme,ist eher unwahrscheinlich 😉
    Gut,es waren nicht alle Leute aus der Zeit schlimm und Idioten. Bei einigen tut´s mir leid bzw. wäre bestimmt nett sie noch mal zu treffen. Aber nur deshalb würd ich auch heute nicht gehen.
    Obwohl man´s vielleicht „jetzt erst recht“ tun sollte.

    Liebe Grüße und eine schöne Woche dir 🙂

    1. Das ist furchtbar! Es tut mir so leid, dass du durch so viel durch musstest. ?

      Das stimmt natürlich. Früher konnte man sich etwas besser von der Außenwelt „abschotten“. Selbst wenn man schon ein Handy hatte, war es nicht so in Gebrauch wie heute.

      Namensänderung Vor- und Nachname? Wie geht denn das?
      Ja das geht mir genauso um den ein oder anderen tut es mir Leid, weil sie echt nett waren, aber das ist es mir am Ende auch nicht wert.

      Liebe Grüße zurück und entschuldige die späte Antwort. ?

  4. Hey Liebes,
    ich verstehe dich so gut. Ich bin bei keinem einzigen Klassentreffen von meiner Realschul-Klasse gewesen. Werde da auch niemals hingehen.
    Für mich war die Zeit auf der Realschule die Schlimmste überhaupt. Ich war immer die Komische und wurde viel gemoppt. Verbal, durch ignorieren, sogar einmal körperlich.
    Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich mich an vieles nicht mehr erinnere oder weggeschoben habe. Weil ich im hier und jetzt leben möchte und nicht in meiner Vergangenheit. Deswegen treffe ich die auch nicht mehr, denn diese Menschen interessieren mich nicht. Sie waren damals scheiße und es ist mir wirklich egal, wie sie jetzt sind. 😉

    Ich habe zwar keine Kinder, aber eine Nichte, die das Gleiche durchmachen musste. Bei ihr ist es dann sehr hängen geblieben und sie hat sich selber körperlichen Schaden zugefügt. Es ist einfach nur grausam, was in der heutigen Welt abgeht und das Kinder selber so skrupellos sind. Aber meistens lernen sie es einfach nicht anders, weil ihre Vorbilder genauso sind. Egal ob im Fernsehen oder im realen Leben. Überall wird doch gesagt, dass du dich durchsetzen musst. Du musst besser sein als der andere und das am Besten ohne jegliche Skrupel. Dass das dann auf Kosten anderer geht… Es ist so traurig! Mir zerreißt es das Herz, wenn ich Menschen so leiden sehe. Weil ich weiß, wie sie sich fühlen.

    Hab einen schönen Abend!!

    1. Hallo Liebes ❤
      Tut mir leid, dass du auch durch so einen Mist musstest. Krass wie viele damit tatsächlich zu kämpfen hatten. ?
      Es ist eine gute Entscheidung im Hier und Jetzt zu leben. Ich möchte das für mich auch erreichen. Ich bin auch schon auf einem guten Weg, denke ich.
      Die paar Leute, die ich damals nett fand, mit denen hab ich auch heute noch hin und wieder Kontakt, aber das war’s auch. Dennoch habe ich diesen Koffer irgendwie immer mitgeschleppt. Ich finde es toll, dass du ihn irgendwann hast stehen lassen und weiter gezogen bist. ?

      Oh nein, das tut mir so leid für euch und vor allem auch für deine kleine Nichte. Ich kann sehr gut verstehen was du meinst. Ich fühle das auch immer sofort. ? Ich hoffe es wird bald besser für sie.

      Alles Liebe und entschuldige bitte die späte Antwort. ?

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